Eine junge Frau leidet an einer viralen Krankheit und liegt nahezu bewegungslos in ihrem Bett. Als sie von einer Bekannten einen Veilchentopf geschenkt bekommt, in dem eine Waldschnecke lebt, führt die Begegnung mit diesem unscheinbaren Lebewesen zu einer schonungslosen, lustvollen und überraschenden Auseinandersetzung mit dem Leben von Menschen und Mollusken. Was geschieht, wenn sich unser vertrautes Dasein auf einen Schlag grundlegend verändert? Und welchen Zugang zu unserer Existenz können wir durch die Begegnung mit einem uns völlig fremden Wesen finden? Diesen Fragen geht die Gruppe FRADS in ihrer Inszenierung nach, für die der autobiografische Text „Das Geräusch einer Schnecke beim Essen“ als Inspirationsquelle dient. In einem poetischen Kammerspiel zwischen Schauspiel und Bewegungstheater zeigen Ruth Huber und Cornelia Hanselmann die besondere (Über-) Lebensgemeinschaft einer schwerkranken Frau und eines winzigen Weichtiers.
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Die amerikanische Journalistin und Autorin Elisabeth Tova Bailey wird mit 34 Jahren von einer mysteriösen viralen Krankheit befallen, die ihr vegetatives Nervensystem lahm legt und sie jahrelang zur körperlichen Bewegungslosigkeit und in soziale Isolation zwingt. Als sie von einer Bekannten einen Veilchentopf geschenkt bekommt, in dem eine Waldschnecke lebt, führt die Begegnung mit diesem unscheinbaren Lebewesen zu einer schonungslosen, lustvollen und überraschenden Auseinandersetzung mit dem Leben von Menschen und Mollusken. Im eingeschränkten Radius ihrer Wahrnehmung beobachtet die Protagonistin ihre kleine, so andersartige Gefährtin und findet durch deren Perspektive einen produktiven, aber auch kritischen Zugang zu ihrer eigenen Situation und der menschlichen Gesellschaft.
Je vertrauter mir die Welt der Schnecke wurde, desto fremder wurde mir die Menschenwelt; meine eigene Spezies war so gross, so gehetzt, so verwirrend. Ich stellte fest, dass mich das Energielevel meiner Besucher beschäftigte und begann sie genauso aufmerksam zu beobachten, wie ich die Schnecke beobachtete.
Der Text findet, indem er den Blick mit Hingabe und Genauigkeit auf einen Mikrokosmos lenkt, mit dem wir uns selten so genau auseinandersetzen, einen faszinierenden Zugang zu zeitgenössischen Themen des gesellschaftlichen Makrokosmos: Krisen und Verlusterfahrungen, Gemeinschaft und Isolation, Entschleunigung und Reduktion.
Baileys Text erschien 2010 und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt, die Presse war begeistert: „Heldin mit Häuschen: Das Geräusch einer Schnecke beim Essen vermittelt nicht nur erstaunliche Einsichten über eins der vermeintlich langweiligsten und unscheinbarsten Geschöpfe, sondern es ist auch ein berührendes Zeugnis von einer einzigartigen Überlebensgemeinschaft.“ (Neue Zürcher Zeitung) „Ein faszinierendes Kammerspiel, die Autobiographie einer Kranken, die Biographie einer Art oder ein Selbstporträt mit Schnecke.“ (Die Welt) „Tröstlich, poetisch, verblüffend.“ (Der Tagesspiegel)
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