„Willst du mit mir...?“
Interkultureller Generationenclub BUNdT

Bild: Linda Rothenbühler
In seiner zweiten Inszenierung widmet sich der Generationenclub BUNdT dem Thema „Beziehungen“. Er untersucht die Grenzen von Zweck- und Wahlbeziehungen, erkundet gescheiterte und vernachlässigte Verbindungen zwischen Menschen. Er stärkt, pflegt, fürchtet Beziehungen – und sucht nach den Sätzen, die Konflikte in Ehen, Vätern und Freundschaften auslösen. Der Club BUNdT fragt:
Willst du mit mir…
…Grenzen überschreiten und Welten vergrössern?
…ein Legoland aufbauen und mich pflegen wenn ich alt bin?
…sprechen und mir dabei wirklich zuhören?
… Geheimnisse offenbaren und meine Steuererklärung ausfüllen?
…ein T-Shirt teilen?
Club BUNdT besteht aus 19 Spieler*innen mit Wurzeln aus sieben verschiedenen Ländern: Italien, Afghanistan, Indien, Schweiz, Türkei, Syrien und Eritrea. Sie haben Jahrgänge zwischen 1951 und 2004 und sind im vergangenen Jahr zu einem Ensemble zusammengewachsen. Unter der Leitung der Theaterpädagoginnen Deborah Imhof und Carine Kapinga Grab bringen sie nun ein gemeinsam entwickeltes Theaterstück auf die Bühne des Theater Tuchlaube Aarau.
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Der Club BUNdT arbeitet bewusst nicht mit vorgefertigten Regiekonzepten. Beim Proben interessiert uns nicht, was anderswo bereits im Theater gesehen oder gespielt worden ist. Wir suchen einen eigenen Weg, indem sich jede*r einbringen kann. Gemeinsam experimentieren wir mit Arbeitsmethoden und Darstellungsformen. Schritt für Schritt wagen wir uns vor, indem wir ausprobieren. Dabei haben wir das Ziel stets im Blick: ein fruchtbarer künstlerischer Dialog im Proberaum. Zusammen gehalten wird dies durch ein Thema, zu der jede Generation und jede Kultur einen Bezug hat, der uns sprichwörtlich zusammenhält: Beziehungen.
Für Willst du mit mir…? begab sich der Club BUNdT auf eine Beziehungssuche. Neben verschiedenen Arten von gelebten Liebesbeziehungen, sorgte insbesondere der Umgang mit familiären Beziehungen für spannenden Gesprächsstoff: Wie positionierst Du Dich zu deinen Eltern? Sind sie Respektspersonen oder die Wächter des Gefängnisses, aus dem man fliehen will? Was passiert, wenn sie alt werden und sich so das Machtgefälle dreht? – Die Antworten zu diesen Fragen könnten in den unterschiedlichen Ländern unterschiedlicher nicht sein.
So ist jede Probe für alle Beteiligten eine neue Begegnung mit den anderen – aber auch mit sich selbst, mit den eigenen Konventionen, Vorstellungen und Grenzen. Die Unterschiede zwischen uns versuchen wir nicht auszunivellieren. Beim Proben definieren wir nicht, was «normal» sein soll, sondern wir suchen nach einem «bundten» Weg.
Dabei zeigte sich: Die Auseinandersetzung mit dem bunten Themenfeld „Beziehung“ war für die divers zusammengestellte Truppe äusserst produktiv. Die Stärke von Theater spielen ist ja gerade, dass man neue Beziehungen miteinander eingeht, sich positioniert, auf den anderen eingeht und Haltungen abwägt. Die Proben waren sehr lustvoll, die Gespräche über das Entstandene ebenso wichtig wie das Spielen selbst.
Das Publikum kann während Willst du mit mir...? erahnen, wie die Einzelnen miteinander umgehen, wenn sie nicht im Fokus der theatralen Aufmerksamkeit stehen. Schauen Sie auch da genau hin, wo gerade niemand zur grossen Theatergeste ausholt, sondern vielleicht auf die nächste Szene wartet. Sie werden feststellen: Die bundte Truppe leuchtet auch dann in allen Farben miteinander, wenn kein Scheinwerfer an ist.
Aufführung
Das Publikum bekommt in den Aufführungen Einblick in die grossen Beziehungsfragen des Club BUNdT. Es wird keine durchgehende Geschichte erzählt, kein dramaturgischer Erzählkniff soll das Thema vereinfachen und leicht verdaubar machen. Die Verwirrung, die entsteht, wenn verschiedene Generationen, Kulturen und Sprachen aufeinandertreffen, wird direkt aus dem Proberaum mitgenommen und auf die Theaterbühne gegossen. Die Zuschauer*innen erleben ein Mosaik aus verschiedenen Szenen, die mit den persönlichen Inhalten der Spieler*innen gefüllt sind. Zusammengehalten wird der Abend durch das Bühnenbild von Linda Rothenbühler. Kostüm und Bühnenbild gehen für einmal fliessend ineinander über, ein Berg aus Kleidern wird zum Mitspieler. Was passiert zwischen uns, wenn nicht einmal mehr die eigene Kleidung Ausdruck einer eigenständigen Identität sein kann? Und wer sind wir, wenn wir die Kleider gleich zusammen anziehen?
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Mit: Ahmet Oeztas, Ali Khan Husseini, Anaïs Keller, Asmahan Mohamad Ali, Baris Naimi, Clemens Borter, Eqbal Nabizada, Esmat Muhammadi, Esra Karaoglan, Fabienne Härri, Ghaffar Arefi, Hossain Ayubi, Mahta Kibrom, Mireille Oesch, Nazcol Alemi, Patricia Mele, Selim Yilmaz, Sodaba Bashiri.
Künstlerische Leitung: Carine Kapinga Grab, Deborah Imhof.
Technik: Karl Julius Gärtner, Luca Schaffer.
Produktion: B'bühne und Theater Tuchlaube Aarau.